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Marien Hospital Herne
St. Elisabeth Gruppe
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Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin

Grundlagenforschung

Die anästhesiologische Grundlagenforschung nutzt die Laborräume im Zentrum für Forschung und Lehre der St. Elisabeth Gruppe in der Düngelstraße. Die Grundlagenforschung konzentriert sich dabei zum einen auf die Pharmakogenetik anästhesiologisch relevanter Mechanismen, während die Untersuchung von extrazellulären Vesikeln (Exosomen), die von wahrscheinlich allen Körperzellen freigesetzt werden, den zweiten Schwerpunkt bildet.

Arzneimittel, die im Rahmen klinischer Behandlungen verabreicht werden, weisen zum Teil hohe interindividuelle Varianzen ihrer Wirkungen bzw. Nebenwirkungen auf. Für den Bereich Anästhesie sind Wirkungsdosis, -beginn und -dauer wichtige Parameter der Medikamentenwirkung, während vor allem maligne Hyperthermie, verlängerte Apnoe, postoperative Übelkeit und Erbrechen sowie unzureichende Schmerzbehandlung zu den risikoreichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen gehören. Dies lässt sich u.a. auch auf genetische Faktoren der einzelnen Patienten zurückzuführen, wobei sog. Einzelnukleotid-Polymorphismen (single-nucleotide polymorphisms – SNPs) die häufigsten genetischen Varianten (ca. 90%) im menschlichen Genom darstellen. SNPs kommen sowohl in nichtkodierenden Regionen im Bereich der intergenischen und intronischen Sequenzen, 5´- und 3´-untranslatierten Regionen, Promotorregionen und Transkriptionsfaktor-Bindestellen vor als auch in ko-dierenden Regionen. Letztere können in nichtsynonyme (proteinverändernde) und synonyme („stumme“, die Proteinsequenz nicht verändernde) Mutationen unterteilt werden. SNPs sowohl in kodierenden wie nicht-kodierenden Bereichen können die Proteinexpression und damit den Phänotyp beeinflussen. Stumme SNPs wurden lange Zeit als „harmlos“ eingestuft. In vielen Studien konnte indes gezeigt werden, dass auch stumme SNPs das mRNA-Spleißen, die Proteinstabilität, Proteinstruktur und Proteinfaltung beeinflussen können. Dies kann zur veränderten Proteinfunktion mit konsekutiv unterschiedlicher zellulärer Antwort auf z.B. therapeutische Substanzen führen. Im Rahmen der Pharmakogenetik untersuchen wir die Wirkungsweise routinemäßig in der Anästhesie eingesetzter Medikamente in Abhängigkeit von der Genetik des Patienten, wobei sowohl die eingesetzten Methoden als auch die untersuchten Gene eine große Bandbreite aufweisen. Unsere Arbeitsgruppe konnte bereits in vielfältigen Studien Assoziationen von SNPs mit sowohl tumorösen als auch Herz-Kreislaufkrankheiten nachweisen.

Zur Untersuchung der Pharmakogenetik müssen wir die Zielgene sowie deren Promotorstrukturen kennen. Die Zielgene können dabei naheliegend sein wie Rezeptoren oder Ionenkanäle, aber auch ungewöhnlicher wie Transporterproteine. Letztere sind keine Effektoren der Pharmaka, beeinflussen ihrerseits aber die Clearance und damit die Wirkung der Pharmaka. SNPs in der kodierenden Sequenz der Gene verändert direkt die Proteinfunktion und -stabilität. Dagegen wirken SNPs in den Promotoren subtiler, indem sie die temporale oder spatiale Regulation und vor allem die Expressionshöhe beeinflussen. Die Untersuchung von SNPs in kodieren, nicht-kodierenden und regulatorischen Sequenzen erfordert unterschiedliche Methoden. Die Variation der regulatorischen Sequenzen lässt sich am besten mit Luciferase-Assays testen, die die Aktivität von Promotoren über einen großen dynamischen Bereich erfassen können. Zusätzliche Informationen lassen sich durch Studium der Transkriptionsfaktorbindung an die Promotor-Sequenzen erfassen. Zur Analyse der kodierenden Sequenzen muss die Funktion des entsprechenden Proteins auf Veränderungen der Funktion getestet werden. Dass kann bei zugänglichen Geweben entweder in situ geschehen, oder das entsprechende Gen muss subkloniert und in ein geeignetes Testsystem integriert werden. Da die Funktion von jedem Zielprotein aber spezifisch getestet werden muss, gibt es kein genormtes Testverfahren und die Methoden müssen jedes Mal neu angepasst oder etabliert werden. Am schwierigsten sind Effekte in nicht-kodierenden intronischen Sequenzen zu untersuchen, weil diese meist sehr subtile Effekte auf die Proteinfaltung, -lebensdauer und Trafficking haben und sich wegen der Größe der meisten intronischen Sequenzen auch nicht in vitro nachstellen lassen. Im Rahmen der anästhesiologischen Forschung konzentrieren wir unsere Untersuchungen auf die Komplexe Herzkreislaufsystem, Muskulatur, Pharmaka-Clerance sowie Atmung, Bewusstsein und Schmerz.

Exosomen sind lipidumhüllte Vesikel in der Größenordnung von 50 – 150nm, die der interzellulären Kommunikation dienen und mit denen alle Arten von Biomolekülen, von kleinsten Metaboliten über Proteine und mRNA bzw miRNA bis hin zu ganzen Organellen wie Mitochondrien, zwischen Zellen ausgetauscht werden können.  Das Forschungsgebiet der Exosomen ist noch relativ neu und erfordert auf der einen Seite eine strikte Standardisierung, auf der anderen Seite aber auch das Hinzuziehen möglichst vieler neuer Untersuchungsmethoden, wofür wir versuchen, ein weites Netzwerk innerhalb der RUB und anderer Forschungseinrichtungen zu etablieren.

Analog zu unseren Untersuchungen zur Pharmakogenetik schauen wir auch bei den Exosomen, ob deren Freisetzung und Zusammensetzung sich in Abhängigkeit zu perioperativ verabreichten Medikamenten verändert. Hierbei haben einige unserer Untersuchungen bereits zeigen können, dass die Wirkung der Exosomen durch die bei den operativen Eingriffen verwendeten Medikamente beeinflusst werden kann. Exosomen haben das Potenzial, Zellschäden zu reparieren und sind deshalb für die regenerative Medizin von großem Interesse. Mit den gleichen Mechanismen können von Tumorzellen freigesetzte Exosomen aber auch zur Metastasierung beitragen. Es ist davon auszugehen, das operative Eingriffe die Freisetzung von Exosomen verstärken. Allerdings haben verschiedene Studien auch gezeigt, dass bei manchen Operationen das verwendete Narkoseprotokoll einen signifikanten Einfluss auf den postoperativen Verlauf des Patienten haben kann. In diesem Zusammenhang untersuchen wir die pro- bzw anti-tumoralen Funktionen von Exosomen.

Exosomen transportieren in ihrem Lumen verschiedene Biomoleküle. Dabei handelt es sich um kleine Metaboli-ten oder Botenstoffe, Proteine wir z.B. Transkriptionsfaktoren und vor allem und RNA. Bei letzterer handelt es sich um mRNA und microRNA, die im Verdacht steht, für den Großteil der modulatorischen Wirkungen von Exosomen verantwortlich zu sein. Die Lipidhülle der Exosomen entstammt der Ursprungszelle und enthält entsprechend deren molekulare Zusammensetzung, einschließlich (trans-)membraner Proteine, die sowohl einen Aufschluss über die Herkunft der Exosomen zulassen als auch über Rezeptoren und Bindeproteine die Zielspezifität der Exosomen bestimmen. Hieraus ergeben sich dann auch unsere Fragestellungen:

  • Wie und in welchem Ausmaß verändern physiologische Parameter, Krankheit oder Medikamente die Freisetzung und die Zusammensetzung von Exosomen?
  • Über welche Distanzen wirken Exosomen?
  • Wie finden Exosomen ihre Zielzellen und kann die Zielfindung medikamentös beeinflusst werden?
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