Marien Hospital Herne - Multiple Sklerose
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Abteilung für Neuro-Urologie

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine lebenslange, wechselhaft verlaufende Erkrankung, die viele (multiple) Stellen des zentralen Nervensystems (ZNS) befallen kann. Die MS führt zu Schädigungen des Nervengewebes und nachfolgenden Narben (Sklerose) innerhalb des Gehirns und / oder des Rückenmarks.

Das ZNS, das aus dem Gehirn und dem Rückenmark besteht, arbeitet in unserem Körper als Kommandozentrale, wobei es Muskelbewegungen steuert und ankommende Sinnesempfindungen vom peripheren Nervensystem sammelt und auswertet. Das Nervensystem koordiniert das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Körperteilen und Organen. Diese Koordination kann infolge der Multiplen Sklerose mannigfaltig gestört sein.

Die MS wird zu Recht die „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern“ genannt, denn die typische MS gibt es nicht. Verlauf und Ausprägung der Erkrankung können sehr stark variieren.

Multiple Sklerose – Symptome

Die Erkrankung besitzt kein vorhersehbares oder festgesetztes Muster. Art und Schwere der Symptome können sich von Mensch zu Mensch unterscheiden und sich im Laufe der Zeit ändern. Viele Patienten mit MS führen jedoch ein normales Leben und entwickeln über lange Zeiträume kaum Symptome. Ein Merkmal der MS ist das plötzliche Auftreten von Symptomen, welches als Schub bezeichnet wird. Häufig lassen die Symptome nach wenigen Tagen oder Wochen nach und münden in einer vollständigen oder teilweisen Erholung. Diese Phase wird als Remission bezeichnet.

Bei MS wird die Nervenscheide, das sogenannte Myelin, durch entzündliche Autoimmunprozesse geschädigt. Die Myelinscheide ist erforderlich, um eine rasche und normale Übermittlung der nervalen Impulse und Signale zu ermöglichen. Kommt es infolge der MS zu einem Abbau der Myelinscheide, werden die Nerven sozusagen ungeschützt zurückgelassen und die elektrischen Impulse können nicht mehr effizient weitergeleitet werden. Infolgedessen kommt es zu Fehlsignalen oder Fehlweiterleitungen innerhalb des Nervensystems.

Wenn die Entzündung größere Gebiete im Gehirn betrifft bleibt als Folge Narbengewebe zurück, das z. B. mithilfe von kernspintomographischen Aufnahmen nachgewiesen werden kann. Tritt eine solche Entzündung wiederholt an derselben Stelle auf, können körpereigene Reparaturmechanismen den Schaden nicht ausreichend ersetzen, was eine dauerhafte Schädigung der betroffenen Nerven zur Folge hat. In Abhängigkeit der von der Erkrankung betroffenen Gebiete im Bereich des Gehirns und des Rückenmarks treten unterschiedliche Symptome auf.

Multiple Sklerose – Blasenfunktionsstörungen durch MS

Der Großteil der MS-Patienten wird im Laufe ihres Lebens infolge der genannten Prozesse Blasenfunktionsstörungen entwickeln (neurogene Blasenfunktionsstörung). Hierbei steht vor allem eine unzureichende Unterdrückung des Harndranges im Vordergrund. Als Folge kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Toilettengänge und oftmals auch ein Unvermögen, den Harn kontrollieren zu können (Harndranginkontinenz). Ebenfalls häufig tritt ein fehlerhaftes Zusammenspiel zwischen dem Blasenentleerungsmuskel (Detrusor) und dem ringförmigen Blasenverschlussmuskel (Sphinkter) auf, eine sogenannte Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie.

Multiple Sklerose – Behandlungsverfahren

Die Therapie der MS-bedingten Blasenfunktionsstörungen stellt für den behandelnden Arzt eine besondere Herausforderung dar. Offenbaren Blasendruckmessungen (sogenannte Urodynamik), dass während der Blasenfüllung zu hohe Speicherdrücke in der Blase vorliegen, können diese durch Medikamente (Anticholinergika) gesenkt werden. Anticholinergika werden entweder in Tablettenform, als Pflaster oder in flüssiger Form (Blasen-Instillation) angewandt.

Botulinumtoxin (Botox®)

Botulinumtoxin ist ein von Bakterien gebildeter Wirkstoff, der zu einer vorübergehenden Erschlaffung der behandelten Muskulatur führt. Seit über 25 Jahren wird diese Substanz in der Medizin – vorzugsweise zur Behandlung spastischer Lähmungen – in allerhöchster Verdünnung eingesetzt. In der Neuro-Urologie findet Botulinumtoxin zur Therapie der überaktiven Harnblase, der Harndranginkontinenz, der vegetativen Dysreflexie sowie der für die Nierenfunktion gefährlichen Hochdruckblase bei Querschnittpatienten Anwendung.

Die Bedeutung und Wirkung der Botulinumtoxinanwendung zur Behandlung von chronischen Schmerzen der Harnblase sind aktuell Gegenstand von Forschungsstudien.

Die Anwendung von Botulinumtoxin in der Blase hat sich als sichere, lang anhaltende, wiederholbare und vor allem höchst wirkungsvolle Therapiemöglichkeit zur Behandlung von Harnblasenfunktionsstörungen etabliert.

Anwendung

Botulinumtoxin wird im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthalts angewandt. Der Patient erhält in der Regel eine Narkose (Rückenmarksanästhesie oder kurze Allgemeinanästhesie), unter der das Medikament dann endoskopisch, das heißt über eine Blasenspiegelung, gleichmäßig verteilt in die Blasenwand eingespritzt wird. Im Anschluss wird die Blase zur Kontrolle von Nachblutungen über den Folgetag mit einem Dauerkatheter versorgt. Am zweiten Tag nach der Behandlung kann der Patient bereits wieder entlassen werden.

Wirkung

Die Wirkdauer von Botulinumtoxin liegt je nach Erkrankungsbild typischerweise zwischen 9 und 12 Monaten. Bei Patienten, die unter vegetativer Dysreflexie leiden, hält die Wirkung 3 bis 9 Monate vor. Insbesondere der Harndrang, der Blaseninnendruck und die Dehnbarkeit / Elastizität der Harnblase werden unter Botulinumtoxin-Wirkung deutlich verbessert. Die Patienten profitierten von einer lang andauernden höheren Blasenkapazität und somit Verringerung der Harninkontinenz. Die Wirkung von Botulinumtoxin klingt nach oben genannten Zeiträumen voll ab und hinterlässt keine negativen Spätfolgen. Nebenwirkungen sind extrem selten und sind typischerweise ein überschießender Kraftverlust des Harnblasen-Entleerungsmuskels mit Harnstrahlabschwächung und Zunahme des Restharns, wenn zuvor die selbstständige Blasenentleerung noch möglich war.

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