Verschiedene Nierenerkankungen können zu einer Einschränkung der Nierenfunktion führen. Man spricht dann von einer Niereninsuffizienz. Die häufigsten Gründe sind Schädigungen der Niere durch Diabetes oder Bluthochdruck sowie zystische und entzündliche Nierenerkrankungen (Glomerulonephritis), interstitielle Nephritis. Unsere Nieren sind für die Ausscheidung von Flüssigkeit, die Entgiftung verschiedener Substanzen, unseren Säure-Base-Haushalt und die Einstellung unseres Blutdrucks verantwortlich. Ferner werden von unseren Nieren mit dem Vitamin D und dem Erythropoetin zwei wichtige Hormone gebildet. Während Vitamin D unter anderem für unsere Knochen von Bedeutung ist, ist Erythropoetin für die Nachbildung von roten Blutkörperchen verantwortlich.
Eine Niereninsuffizienz kann über lange Zeit symptomlos bleiben. Erst wenn über 90 Prozent der Nierenfunktion verloren sind, muss ein Nierenersatzverfahren eingeleitet werden. Gemessen wird die Nierenleistung im Blut in der Regel über den sogenannten Kreatininwert. Kreatinin entsteht in unserem Körper als Stoffwechselprodukt aus der Muskulatur und wird über die Nieren aus dem Körper entfernt. Es gilt also: Je höher der Kreatininwert, desto schlechter die Nierenfunktion.
Ärzte benutzen diesen Wert, um die Entgiftungsleistung der Nieren zu berechnen. Diese Leistung wird als glomeruläre Filtrationsrate oder abgekürzt als GFR bezeichnet. Normal ist eine Leistung von 120 ml / min, eine Dialyse ist in der Regel erst bei Werten unter 10 ml / min notwendig. Wenn die Nierenleistung derart gering ist, verspüren die Mehrheit der Betroffenen auch Symptome. Es kann zu Wassereinlagerungen in den Beinen oder Luftnot kommen. Ein Gefühl von Übelkeit, ein Hautjucken oder auch ganz einfach ein ausgeprägtes Gefühl von Abgeschlagenheit können Ausdruck der unzureichenden Entgiftungsfunktion der Nieren sein. Man spricht nun von terminaler Niereninsuffizienz. Zu diesem Zeitpunkt ist der Betroffene in der Regel bereits über eine lange Zeit bei seinem Nierenfacharzt in Behandlung. Mit verschiedenen Medikamenten hat dieser versucht, das Fortschreiten der Niereninsuffizienz so lange wie möglich aufzuhalten. Nun aber konfrontiert er den Patienten mit der Tatsache, dass seine Nieren ihrer Aufgabe endgültig nicht mehr gewachsen sind und ein Nierenersatzverfahren eingeleitet werden muss.
In der Medizinischen Klinik I kommen verschiedene Diagnoseverfahren für eine Niereninsuffizienz zum Einsatz.
Blutuntersuchung
Im Blut wird der sogenannte Kreatininwert bestimmt. Kreatinin ist eine Substanz, die der Körper über die Nieren ausscheidet. Liegt eine deutlich reduzierte Nierenleistung vor, steigt die Konzentration des Kreatinins im Blut an. Über verschiedene Formeln kann nun über den Kreatininwert die Nierenentgiftungsleistung, die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) errechnet werden. Anstelle der Abschätzung der Nierenleistung über eine Formel kann der Arzt die Nierenleistung messen, indem der die Kreatininkonzentration im 24-Stundensammelurin mit der Kreatininkonzentration im Blut ins Verhältnis setzt. Bei dieser Methode wird die sogenannte Kreatininclearance gemessen. Neben dem Kreatininwert misst der Nephrologe noch diverse andere Substanzen, die für die Unterscheidung verschiedener Nierenerkrankungen eine Rolle spielen.
Urinuntersuchung
Im Urin eines gesunden Menschen finden sich weder größere Mengen Eiweiß noch rote Blutkörperchen (Erythrozyten). Die einzelnen Nierenkörperchen, in denen der Urin entsteht, ähneln in ihrer Funktion einem Nudelsieb. Die Poren sind so eng, dass die Eiweiße und Erythrozyten – ihre Form erinnert an Spaghetti – zurückgehalten werden. Bei einer Entzündung der Nierenkörperchen wird das „Nudelsieb“ jedoch undicht. Der Arzt untersucht daher den Urin auf das Vorliegen von Eiweiß und Blut.
Ultraschall (Sonografie)
Im Ultraschall ist erkennbar, ob eine Niereninsuffizienz Folge einer Abflussbehinderung des Urins ist. Dies kommt beispielsweise bei einer ausgeprägt vergrößerten Prostata vor. Ferner kann der Arzt beurteilen, ob die Nieren verkleinert sind. Letzteres spricht für eine chronisch verlaufende Erkrankung, bei der die Niere schon eine irreversible narbige Schrumpfung durchgemacht hat. Auch die Gefäße der Niere lassen sich mittels der sogenannten farbkodierten Duplexsonographie darstellen. Der Ultraschall ist ein Verfahren, das Schallwellen analysiert. Es kommt ohne Röntgenstrahlen aus und ist daher völlig ungefährlich.
Nierenbiopsie
Ist die Ursache einer Niereninsuffizienz nach Auswertung der Blut-, Urin- und Ultraschallbefunde weiterhin unklar, so kann eine Biopsie der Niere nötig werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine Operation. Der Patient liegt auf dem Bauch und der Arzt stellt eine der beiden Nieren vom Rücken aus mit dem Ultraschall dar. Danach betäubt er die Haut und das darunter liegende Gewebe mit einer sogenannten Lokalanästhesie. Die Niere selbst hat in ihrem Inneren keine Nerven und verursacht daher bei der Probenentnahme keine Schmerzen. Nun wird unter Ultraschallkontrolle mit einer dünnen Nadel eine kleine Probe aus der Niere entnommen. Die Prozedur selbst dauert nur wenige Minuten.
Nach der Probenentnahme muss der Patient für mehrere Stunden Bettruhe einhalten. Die Probe wird nun an einen Pathologen weitergeleitet, der diese unter dem Mikroskop analysiert und dem Kliniker mitteilt, welche Nierenerkrankung vorliegt.
Der Mensch kann auch mit einer hochgradigen Einschränkung seiner Nierenfunktion leben. Sind jedoch mehr als ca. 90 Prozent der Nierenfunktion verloren, muss ein Nierenersatzverfahren eingeleitet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Therapie der chronischen Niereninsuffizienz darauf ausgerichtet, dass Fortschreiten der Nierenerkrankung zu verlangsamen (Progressionshemmung). Die hierzu ergriffenen Maßnahmen sind vielfältig. Beispielhaft ist an dieser Stelle die konsequente Blutdruckeinstellung unter Nutzung von Medikamenten, die die Niere in besonderer Weise schützen (ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptorblocker). Neben weiteren Medikamenten kommen auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie eine Beratung zu Ernährung und Trinkmenge zum Einsatz. Werden all diese Therapiemöglichkeiten konsequent genutzt, lässt sich in den meisten Fällen das Fortschreiten der Nierenerkrankung messbar verlangsamen.
Es gibt drei Möglichkeiten, die Nierenfunktion bei einer Niereninsuffizienz zu ersetzen: die Hämodialyse, die Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse) und die Nierentransplantation. Die Hämodialyse und Peritonealdialyse werden in der Medizinischen Klinik I des Marien Hospital Herne durchgeführt. Die Nierentransplantationen werden in einer chirurgisch-nephrologischen Kooperation mit der chirurgischen Klinik im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer durchgeführt. Einer der Oberärzte der Medizinischen Klinik I ist ständig im Knappschaftskrankenhaus vor Ort. Kommt es im Verlauf nach Nierentransplantation zu einer Verschlechterung der Transplantatfunktion, kann diese im Marien Hospital Herne diagnostiziert und behandelt werden.
Bei der Hämodialyse (siehe Abbildung) wird das Blut außerhalb des Körpers durch eine Dialysemaschine von harnpflichtigen Substanzen gereinigt und dann zurück in den Körper geleitet.
Bei der Hämodialyse (siehe Abbildung) wird das Blut außerhalb des Körpers durch eine Dialysemaschine von harnpflichtigen Substanzen gereinigt und dann zurück in den Körper geleitet. In der Regel sind drei-, vier- bis fünfstündige Behandlungen pro Woche in einem Dialysezentrum notwendig. Über die Dialysemaschine kann dem Körper auch Flüssigkeit entzogen werden, wenn die Urinproduktion weitgehend versiegt ist. Als Dialysezugang wird meist ein sogenannter Shunt genutzt, ein von den Kollegen der Gefäßchirurgie operativ angelegter Kurzschluss zwischen einer Arterie und einer Vene. In der Regel wird dieser Gefäßzugang bei Rechtshändern am linken Arm angelegt und umgekehrt.
Die Dialysebehandlung ist bis auf die einer Blutabnahme vergleichbare Punktion des Shunts nicht schmerzhaft. Es kann dabei gelesen, ferngeschaut oder gegessen werden.
Alternativ kann die Peritonealdialyse (siehe Abbildung) durchgeführt werden. Das Blut wird bei diesem Verfahren nicht außerhalb des Körpers gereinigt, sondern im Körperinneren über das Bauchfell (Peritoneum).
Das Bauchfell ist eine dünne Haut, die die Bauchhöhle von innen auskleidet. Sie ist von vielen kleinen Kapillaren durchzogen und kann als Filter für verschiedene Substanzen im Blut genutzt werden. Will man das Blut auf diese Art von Giftstoffen befreien, so muss man Flüssigkeit in die Bauchhöhle einbringen. Zu diesem Zweck wird ein dünner Katheter (Tenckhoff-Katheter) durch die Bauchdecke eingeführt. Füllt man nun die Bauchhöhle mit einer salz- und zuckerhaltigen Dialyselösung auf, so bewegen sich die harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut in diese „saubere“ Lösung, bis sich die Konzentrationen von Blut und Dialysat nach einigen Stunden angeglichen haben. Nun wird die Flüssigkeit wieder aus der Bauchhöhle abgelassen.
In der Regel wird dieser Vorgang viermal täglich durchgeführt. Man kann auch mit „vollem Bauch“ seinem normalen täglichen Leben nachgehen. Alternativ zu den über den Tag stattfindenden Beutelwechseln kann bei einem Teil der Patienten auch nachts ein automatisiertes Verfahren mit Hilfe eines sogenannten Cyclers genutzt werden. Die Bauchfelldialyse verschafft gegenüber der Hämodialyse ein höheres Maß an Flexibilität und Ungebundenheit, da die dreimal wöchentlichen Besuche im Dialysezentrum entfallen. Das Verfahren wird in den eigenen vier Wänden durchgeführt. Die Peritonealdialyse geht jedoch mit einem höheren Maß an Eigenverantwortung einher. Während bei der Hämodialyse das Personal im Zentrum die Dialyse durchführt, liegt die Peritonealdialyse in den Händen des Patienten selbst. Aus medizinischer Sicht sind beide Verfahren einander weitgehend ebenbürtig. Die Restausscheidung bleibt bei der Peritonealdialyse häufig etwas länger erhalten, was durch die höhere mögliche Trinkmenge Vorteile für die Lebensqualität mit sich bringt.
Die Alternative zu den beiden dargestellten Dialyseverfahren stellt die Nierentransplantation dar. Die erste erfolgreiche Nierentransplantation wurde 1954 in den USA durchgeführt. In Deutschland wurde erstmalig 1963 eine Niere in Berlin transplantiert. Die Eigennieren werden an Ort und Stelle belassen. Die neue Niere wird ins kleine Becken transplantiert und hier mit den Gefäßen und der Harnblase des Empfängers verbunden.
Das Immunsystem erkennt das Spenderorgan als fremd. Um eine Abstoßung des Transplantats zu verhindern, ist daher nach der Transplantation die Einnahme von immunsuppressiv wirksamen Medikamenten notwendig. Wird die Transplantation vor Eintritt der Dialysepflichtigkeit durchgeführt, spricht man von einer „präemptiven Transplantation“. Diese Form der Transplantation hat eine besonders gute Prognose. Gegenüber den Dialyseverfahren ist die Transplantatniere in der Lage, auch ihrer Hormonbildungsfunktion nachzukommen. Die Transplantation bringt einen Zugewinn an Lebensqualität mit sich, da die Dialysetherapien entfallen und man wieder ein weitgehend normales Leben führen kann. Darüber hinaus steigert sie auch die Lebenserwartung: ein transplantierter Patient hat eine höhere Lebenserwartung als ein ähnlich alter Dialysepatient auf der Warteliste. Die Nierentransplantation stellt daher den „Goldstandard“ unter den Nierenersatzverfahren dar.
Eine Transplantation geht allerdings auch mit Risiken einher. Je mehr Begleiterkrankungen bestehen, desto höher ist das Risiko. Bei schwerkranken Patienten kann das Risiko den möglichen Benefit überwiegen. Für diese Patienten kann die Dialysetherapie auch langfristig das bessere Verfahren darstellen.
Die Nierentransplantationen werden in einer chirurgisch-nephrologischen Kooperation mit der chirurgischen Klinik im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer durchgeführt. Einer der Oberärzte der Medizinischen Klinik I ist ständig im Knappschaftskrankenhaus vor Ort. Kommt es im Verlauf nach Nierentransplantation zu einer Verschlechterung der Transplantatfunktion, kann diese im Marien Hospital Herne diagnostiziert und behandelt werden.