Potentielle Bedeutung von Virostatika in der Therapie von chemoresistenten Karzinomen

Etwa 8% des humanen Genoms besteht aus genetischen Elementen, die eine Sequenzhomologie zu Retroviren aufweisen und als humane endogene Retroviren (HERV) bezeichnet werden. Infolge der langen Persistenz innerhalb des Genoms ohne Selektionsdruck wurden die meisten HERV-Gene funktionell inaktiv durch Mutationen oder epigenetische Veränderungen.

Bestimmte HERV sind in der Evolution in das Genom domestiziert worden und haben, wie z.B. Syncytin-1 und -2 für Zellfusion und Ausbildung von Synzytiotrophoblasten im Rahmen der plazentaren Entwicklung eine essentielle Bedeutung erlangt. In zunehmendem Maße werden HERVs auch mit Tumorentstehung und -Therapieverlauf in Verbindung gebracht.

Beispielsweise wird bei der Kanzerogenese von Melanomen, Mammakarzinomen und Teratokarzinomen der verstärkten Expression von HERV-K eine Bedeutung zugesprochen. Beim Rektumkarzinom konnte eine verstärkte Expression von Syncytin mit einer schlechteren Prognose assoziiert werden. Weniger Arbeiten beschäftigten sich bislang mit der Bedeutung von HERV für den Verlauf bei Tumorerkrankungen, insbesondere mit der potentiellen Bedeutung von HERV für Therapieresistenz.

Beim Mammakarzinom konnte gezeigt werden, dass eine initial verstärkte Expression unterschiedlicher HERVs env Gene sich unter Chemotherapie deutlich zurückbildeten.

Zusammenfassend ist die Bedeutung von viraler RNA wie auch von HERV-Expression für Kanzerogenese und antitumorale Therapien z.Z. noch völlig unklar. Eigene experimentelle Daten aus Zellkulturen (Diaz-Carballo et al, J Exp Clin Cancer Res, 2015, in press) und vorläufige Daten aus Tierversuchen sowie Daten aus der Literatur geben Hinweise auf eine Korrelation zwischen HERV-Expression und Tumoraktivität sowie Chemoresistenz.